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Aus der Vergangenheit des Dorfes
Dreißigacker
Zusammengestellt von Jürgen Dreißigacker,
53225 Bonn, 4. Juli 2002
Auszug aus einem „Elternbrief“ von Lehrer Ernst Bürkel zuletzt
wohnhaft in dem Dorf Dreißigacker. Dreißigacker ist heute ein Ortsteil der
Stadt Meiningen in Thüringen.
Über die Entstehung des Dorfes Dreißigacker lässt sich in Ermangelung
einschlägiger Urkunden nicht viel berichten.
Die Sage erzählt:
Als jenes Bergplateau, auf welchem sich später die Forstakademie erhob,
noch öde und wüste dalag, soll sich zuerst der Scharfrichter dort oben
angebaut haben, um in der Nähe des hier aufgerichteten Galgens zu wohnen.
Nun sei es einmal vorgekommen, dass er einem armen Sünder den Kopf
abgeschlagen hatte; der kopflose Kerl plötzlich wieder aufgesprungen sei
und noch über dreissig Äcker hinweggelaufen sei, ehe er zusammengebrochen
wäre. Von diesem Ereignis habe das später hier entstandene Dorf seinen
Namen erhalten.
Urkundlich kommt das Dorf erst 1311 als Drizzikacker, 1317 als Dorf zu
Drizzigackern, 1320 als Drisichackern, 1328 als Dizigacker
Dritzekacker, 1373 als Dritzikacker = 30 Drcicec, dreic Acker vor, d.h.
dreissig Acker gerodetes und urbar gemachtes Feld. Eine captura im Wald =
durch Dorngestrüpp abgegrenzter Platz war die erste Fluranlage vom Dorf
Dreißigacker.
Ein adeliges Geschlecht, das sich nach dem Orte Dreißigacker nannte und in
Bettenhausen begütert war, ist in der Person Heinrici de Dreizichackern,
1320 urkundlich bezeugt (Henneberg Urkunden I,82,V.57). Nach Erkenntnissen
des Geschichtsforschers Voss ist aber wohl nicht, wie zunächst angenommen
wurde, ein adeliger Grundbesitzer aus dem Ort Dreißigacker anzunehmen,
sondern es handelt sich vielmehr um einen ehemaligen Einwohner des Dorfes
Dreißigacker, der in Bettenhausen (etwa 5 km von Dreißigacker entfernt)
begütert eingeheiratet hatte.
Dreißigacker war in früheren Zeiten ein geringerer Ort, der 1386 ganz
ausstarb. (Chronik von Güthen: „Anno 1380 war ein groß Pestilenz zu
Meiningen, auch sind dazumal zwey Filial Help (Herpf) und Drizzikackern
(Dreißigacker) da dieser Zeit noch etliche von Adel gewohnt, ausgestorben
und als es wieder notdürftig bevölkert war, 1416 abbrannte“.
Dreßk-acker nennt das Dorf der Meininger Volksdialekt.
Im Bauernkriege sah es blutige Hinrichtungen (Chronik Güthen). „Fürst
Wilhelm von Henneberg hat auch mit seinen Bauern einen wüsten Reihen
geführet, weil sie ihm nicht geringen Schaden zugefügt. Wie der denn die
Execcution theils zu Dreissigacker, theils vor dem Schloß Mansfeld
verrichten lassen“
Die Kirche in Dreißigacker wurde 1526 auf dem Platz gebaut, wo mehrere
Hundert Bauern im Bauernkrieg begraben sind.
1310 starb Dreißigacker an der Pest aus. 1418 wurde es durch Brand
zerstört. 1525 zogen viele Bauern von hier in den Bauernkrieg. 1582
richtete ein großer Wolkenbruch großen Schaden an. Am 15.1.1641 haben
kaiserliche Truppen (Schildhasen genannt) das Dorf samt Kirche und Schule
abgebrannt.
1801 wurde im Jagdschloss das Forstinstitut eingerichtet. Am
18.10.1843 wurde es wieder aufgehoben. Auf dem hiesigen Friedhof fanden der Direktor
Bechstein, der Mathematiker Hossfeld und der Romanschreiber C. G. Cramer
ihre letzte Ruhestätte.
Nachfolgend noch weitere interessante Informationen zu dem Namen
Dreißigacker:
Dr. August Reukauf hatte 1937 ein Bettenhäuser Heimatbuch (Coburg 1937)
geschrieben.
Er bezeichnete es als „Heimatgeschichtliches und Ortskundliches Buch aus
dem Kirchspiel Bettenhausen bei Meiningen im Rahmen einer Geschichte des
Alt-Henneberger Landes“
In Bettenhausen, Metzels, Walldorf an der Werra, Waltershausen in
Thüringen, Langenhain in Thüringen, Friedrichroda in Thüringen und
Burörner-Hettstedt in Sachsen Anhalt waren meine Dreißigackers zu Hause.
Nach meinen geschichtlichen Unterlagen, Urkunden usw. ist davon
auszugehen, dass meine ältesten Vorfahren aus Bettenhausen in der Nähe von
Meinigen/Thüringen stammen. Mein letzter feststellbarer Urahn war
Sigismund Dreißigacker, der sehr wahrscheinlich 1654 in Bettenhausen
geboren wurde und 1715 in Metzels bei Meiningen verstarb.
Hier einige Auszüge aus dem Bettenhäuser Heimatbuch, der Heimat der
Dreißigacker.
„Im Jahre 1587 hat der fromme und eifrige Pfarrer Sebastian Amthor, ein
Vater seiner Gemeinde, der dort fünfzig Jahre gewirkt, bei seiner
Anstellung die ersten Kirchenbücher angelegt. Sie gehören zu den ältesten
im Meininger Land. Aber das Jahrhundert des 30jährigen Krieges hat eine
böse Lücke in der Kirchenbuch-Berichterstattung hinterlassen. Zwar laufen
die Sterbeeinträge auch durch diese schwere Zeit lückenlos weiter, aber
die Traueinträge brechen 1665 ab, die Taufeinträge schon 1635. Erst 1696,
bei Eintritt eines neuen Pfarrgehilfen, beginnen alle drei Quellen wieder
regelmäßig zu fließen“
Hier einige Erklärungen dazu, warum so viele Dreißigacker damals aus
Bettenhausen weggingen und sich woanders eine neue Heimat suchten.
„ Je höher nämlich im Mittelalter die Bedeutung von Frankfurt am Main als
Handelsmittelpunkt stieg, desto mehr Wert musste auch die
Nebenhandelsstraße erhalten, die nördlich von Fulda abbiegend hinüber nach
Tann im Ulstertal, dann über Unterweid und Kaltenwestheim in den
Fuldagrund nach Kaltennordheim und Kaltensundheim, weiter über
Wohlmuthshausen in den Herpfgrund nach Helmershausen, Bettenhausen, Herpf,
lief und bei Walldorf in den Werragrund mündete. Eine Handelsstraße, deren
Bedeutung jetzt freilich ganz geschwunden ist.“
Über die Art der ersten Ansiedlung in Bettenhausen:
„Über die Art der ersten Ansiedlung können wir verschiedene sichere
Schlüsse ziehen aus der wichtigen Urkunde von 1320. Unter den dort
angeführten Hufen gehören 25 zusammen, die den gleichen Erbzins, 30 Heller
jährlich, zu zahlen haben. Zuerst sind 23 zusammen genannt, dann mit
besonderer Bezeichnung die Hufe des Heinrich von Dreißigacker und die des
Alten Schulzen. Unter dem ersteren (Heinrich von Dreißigacker) ist wohl
nicht, wie noch von Voss (s.o.) angenommen, ein adeliger Grundbesitzer in
dem Ort Dreißigacker anzunehmen, sondern ein ehemaliger Einwohner des
nahegelegenen Ortes namens Dreißigacker, der in Bettenhausen eingeheiratet
hatte. Die Familien der Dreißigacker gehörten auch im 16. Und 17.
Jahrhundert zu den meistbegüterten des Ortes“.
Zu den Maßbezeichnungen:
„Als Summe für 24 alte Hufen werden 1.512 Ar (Acker) Feld und
229,5 Ar. Wiese angegeben. Durchschnitt also 72,5 Ar. Für die Berechnung wird man
wohl Nürnberger Maß zugrunde legen müssen; danach besaß ein Acker, zu 160
14=schuhigen Quadratruten gerechnet, nach heutigem Maß 28,9765 ha. Somit
hätte eine der alten Bettenhäuser Hufen etwa 21,1 ha. betragen“
Aus dem Güterverzeichnis von 1546 zusammengehalten mit dem Steuerregister
von 1577 ergibt eine Übersicht über die gegen Mitte des 16. Jahrhunderts
in Bettenhausen ansässigen Familien. Die 36 Besitzer der 24 alten Hufen
vom Jahr 1546 verteilen sich auf nur 14 Familien, von denen die
Dreißigacker 7, die Nadermann 5, die Alt und Behm je 4, die Reukauf 3 mal
vertreten sind.
Die Ableitung der Namen ergibt eine reizvolle Sonderaufgabe. Die Liste
zeigt, dass die Namen im gleichen Verzeichnis verschieden geschrieben
sind. Man liebte damals auch Abkürzungen. Der Name Dreißigacker wird öfter
„30 ecker“ geschrieben, was bei schlechter Schrift manchen Irrtum erzeugen
kann.
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